Es gibt verschiedene Erklärungsmodelle dazu wie Angst entsteht. Nachfolgend möchte ich Beispielhaft eine Theorie zur Angstentstehung kurz erläutern.
Angst als erlerntes Verhalten.
Als Menschen sind wir in der Lage unsere Angst buchstäblich zu erlernen. Dies tun wir jedoch nicht bewusst. Vielmehr geschieht dieser Vorgang sehr subtil, an unserer bewussten Aufmerksamkeit vorbei.
Paulas weg in die Angst.
Paula hatte einen sehr anstrengenden Tag. Viele Termine, viel Hektik und eine Menge Lauferei. An etwas zu Essen war gar nicht zu denken. Ein Tag der psychisch wie physisch im wahrsten Sinne des Wortes anstrengend war. Am Abend fährt Paula mit der Bahn heim. Im Abteil angekommen, stellt sie fest, dass es recht voll und eng ist. Die Luft ist auch alles andere als frisch. Gerne würde sie sich setzen. Schließlich ist sie sehr geschafft. Leider hat Paula nur noch einen dicht gedrängten Stehplatz, am Ende des Abteils, ergattern können. Eigentlich ist es Paula viel zu voll. So dicht mit fremden Menschen mag sie eigentlich gar nicht rumstehen. Egal, denkt Paula sich, irgendwie geht das schon. Während der Zug fährt, Paula durch das seichte rythmische Schaukeln des Wagons immer mal wieder den Mantel des neben ihr stehenden Herrn berührt, bemerkt sie aufeinmal dass ihre Knie und Hände leicht zu zittern beginnen. Im ersten Moment schenkt sie dem Zittern gar keine Bedeutung. Doch als Sie merkt, dass das Zittern nicht aufhört, wird Paula unruhig. Igrndwie gelingt es ihr nicht das Zittern einzuordnen. Plötzlich merkt Paula, dass Ihre Atmung hektischer wird. Um sich zu beruhigen, will Paula einen tiefen Atemzug machen. Doch irgendwie will ihr das bei der schlechten Luft gar nicht so recht gelingen. Paula ist miterweile sichlich nervös. Sie fängt an zu schwitzen. Sie beginnt sich sorgen zu machen. Nun ist Paulas gesamter Organismus in Aktion. Dabei erlebt Paula extrem Unwohlsein. Irgendwie schleppt sie sich mehr schlecht als recht nach Hause.
Eine ganze Zeit später, der Vorfall in der Bahn liegt schon weit zurück, da freut sich Paula auf die Fahrt zu Ihrer Oma. Es ist schon eine ganze weil her, dass Paula sie zu Kaffe und Kuchen besucht hat. Paulas Oma wohnt ein Stück weit aus der Stadt heraus, so dass Paula seit langem mal wieder den Bus nehmen muss. Paula ist schon lange nicht mehr mit dem Bus gefahren. Irgendwie hatte Sie einen solchen Bus größer in Erinnerung. Naja, denkt sie sich. Und setzt sich neben eine elegant gekelidete Dame auf die innenseite zum Gang. Als der Busfahrer fast eine rote Ampel übersieht führt das dadurch eingeleitete Bremsmanöver zu einem kleinen Ruck der durch den ganzen Bus führt. Plötzlich wird es Paula ganz heiß, sie hat das Gefühl, dass sie gar nicht richtig atmen kann. Ihre Hände zittern und ihr Blick ist irgendwie wie durch einen Tunnel. In diesem Moment erlebt Paula eine wahnsinnige und für sie unerklärbare Angst. Vielleicht stimmt etwas mit meinem Herzen nicht? Vielleicht habe ich einen Infarkt? Vielleicht kippe ich um? Vielleicht erticke ich? Denkt Paula. Am liebten würde Sie aufstehen und weggrennen, fliehen, nur schnell weit weg. Aber das geht nicht. Sie ist ja im Bus, fast wie gefangen. Dieses Erleben ist ihr fremd. So viel schreckliche Angst, das kennt Paula nicht. Und plötzlich ist sie da, die Angst zu sterben. Paula erlebt in diesem Moment ihre erste Panikattacke
Was ist geschehen?
In der ersten Situation hatte Paula einen sehr anstrengenden Tag hinter sich. Psychisch wie körperlich. In der Bahn war es voll. Das zusätzliche Stehen war für Paula zudem sehr kräftezehrend. Obendrein hatte Paula sehr wenig gegessen, wahrscheinlich war sie unterzuckert. Diese Gesamtkonstellation führte dazu, dass Paula entsprechend körperlich (Zittern, Atmung, usw.) in dem Bahnabteil reagierte.
Aus der Lernwissenschaft wissen wir heute, dass Lernen immer dann besonders gut funktionieren, wenn wir emotional und körperlich beteiligt sind. Dieses Wissen wird heute für wichtige Lernprozesse (Schule, Studium, etc.) sehr bewusst und effektiv genutzt. Leider funktioniert dieser Prozess auch dann, wenn wir das gar nicht möchten. Quasi voll automatisch! So zum Beispiel bei Paula. Hier hat Paulas Gehirn die Situation „Bahn fahren“ mit dem „körperlich-emotionalen Geschehen“ von Paula unbemerkt „verknüpft“. Dabei hat Paulas Gehirn eine wirklich hervorrangende Arbeit geleistet. Zusätzlich hat es es die Erfahrung auf eine andere, ähnliche Situation übertragen. In der Psychotherapie spricht man dabei von einer „Generalisierung“. In diesem Fall auf die Busfahrt. So war es dann möglich, dass allein die Busfahrt das extrem unangenehme körperliche Erleben auslöst. Vollkommen automatisch. Allerdings mit für Paula sehr unangenehmen Folgen. Paula meidet seit dem Bus und Bahnfahrten. Dafür nimmt Sie sogar oftmals sehr lange Laufwege in Kauf. (Vermeidungsverhalten)